Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen GeschGehG – Chancen und Risiken

Unternehmen verfügen oftmals über Know-how, das sie langfristig mit enormem Aufwand entwickelt haben. Gelangt dieses Know-how in fremde Hände, drohen kaum absehbare Schäden. Die Globalisierung des Wirtschaftsmarkts führt zu einer Vervielfachung potentieller Schäden. Deutschland als Industrie- und Exportstandort ist davon besonders betroffen. Im Zuge der digitalen Umwälzungen entstehen immer neue Gefahren (Cyberspionage, Hackerangriffe usw.). Der Schutz von Geschäftsgeheimnissen gerät damit zunehmend in den Fokus von Wirtschaft und Politik.

Im Juni 2016 wurde von der EU eine Richtlinie (EU 2016/943) verabschiedet, mit der in den EU-Mitgliedstaaten die Vorschriften zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen verbessert und vereinheitlicht werden sollen. In Deutschland muss die Rechtsprechung derzeit auf Strafvorschriften aus dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb sowie allgemeine zivilrechtliche Normen aus dem BGB zurückgreifen. Ein Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen existiert bislang nicht. Dies soll sich nun ändern: Im Sommer 2018 hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf (GeschGehG) zur Umsetzung der EU-Richtlinie vorgelegt.

Das neue Gesetz räumt den Inhabern von Geschäftsgeheimnissen einen ganzen Strauß unterschiedlicher Rechte ein:

  • Beseitigung von Beeinträchtigungen,
  • Unterlassung (auch bei erstmaligem Drohen einer Verletzung),
  • Vernichtung / Herausgabe von (auch elektronischen) Dokumenten und sonstigen Gegenständen,
  • Rückruf / Vernichtung von Produkten, deren dauerhafte Entfernung aus den Vertriebswegen und Rücknahme vom Markt,
  • umfassende Auskünfte (auch über Personen, die das Geschäftsgeheimnis preisgegeben haben und denen es offenbart wurde),
  • Schadensersatz (bei der Höhe wird berücksichtigt ein vom Verletzer erzielter Gewinn und eine Vergütung, die bei Zustimmung hätte verlangt werden können),
  • Geldentschädigung wegen eines immateriellen Schadens (z.B. Reputationsverlust, der Verlust einer Vorreiterrolle im Markt (First-Mover-Advantage) oder der Verlust zukünftiger Kunden).

Diesen Rechten steht für alle Unternehmen eine zentrale neue Herausforderung gegenüber: Mit dem neuen Gesetz besteht Geschäftsgeheimnisschutz nur noch für Know-how, für das die Unternehmen angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen ergriffen haben. Dieses Erfordernis ist neu. Bislang genügt ein nach außen manifestierter Geheimhaltungswille. Dieser wird oftmals unterstellt, insbesondere bei komplexeren technischen Gegenständen.

Zukünftig sind Strukturen im Unternehmen zu schaffen, die sicherstellen, dass die für den Geschäftsbetrieb notwendigen Geschäftsgeheimnisse dem neuen Geschäftsgeheimnisschutz unterfallen (Implementierung eines sog. „Geschäftsgeheimnis-Management“-Systems). Allgemein können den Unternehmen hierzu folgende Handlungsempfehlungen gegeben werden:

  • Klare Regelung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten für den Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Konzentrierung auf einen überschaubaren Kreis von Personen (zentrale „Ansprechpartner“).
  • Identifizierung der potentiell schützenswerten Geschäftsgeheimnisse entlang der kompletten Wertschöpfungskette im Unternehmen.
  • Kategorisierung der Geschäftsgeheimnisse in echtes Schlüssel-Know-how (dessen Verlust sich existenzgefährdend auswirken kann), strategisch besonders wichtiges Know-how (dessen Verlust zumindest erheblich spürbar wäre) und sonstiges wettbewerbsrelevantes Know-how.
  • Einzelfallgerechte Auswahl und Festlegung der konkreten Schutzmaßnahmen. Diese können vertraglicher, technischer und organisatorischer Art sein. Die getroffenen Maßnahmen und Anweisungen sollten zu Dokumentationszwecken in einer Art Organisationshandbuch schriftlich festgehalten und die Mitarbeiter hierauf verpflichtet werden.

Werden diese Vorgaben nicht umgesetzt, kann dies insbesondere für Geschäftsführer zur Haftungsfalle werden. Diese sind verpflichtet, Schaden von der Gesellschaft abzuwenden. Wurden angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen nicht getroffen bzw. nicht ausreichend dokumentiert (die Beweislast liegt beim Unternehmen), und unterfällt das Know-how deshalb nicht dem gesetzlichen Schutz, haftet der Geschäftsführer der Gesellschaft für den daraus entstehenden Schaden persönlich.

Das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen wird voraussichtlich im 1. Quartal 2019 in Kraft treten. Über die weitere Entwicklung halten wir Sie unterrichtet.

Verfasser: RAin Irmtraud Wendland und RA Kia Noghrekar